Eine Erde für alle? Der neue Bericht an den Club of Rome

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Beitrag von Friedrich Hinterberger, 12. September 2022.

Am 6. September 2022 erschien die deutsche Fassung des neuesten Berichts an den Club of Rome. Fünfzig Jahre nach dem ersten Bericht über die „Grenzen des Wachstums“ ist sein Titel „Earth4all“ Programm. „The dominant economic model is destabilising societies. And the planet. It is time for change” steht auf der Website earth4all.life. Und: “get involved!”

Was den ersten mit dem aktuell letzten „Bericht an den Club of Rome“ verbindet, ist die Verwendung eines system-dynamischen Weltmodells, mit dem unterschiedliche Szenarien berechnet wurden. Natürlich ist das Modell, das heute verwendet wird, um Größenordnungen ausgereifter als das damals verwendete „World 3“, das Donella und Dennis Meadows gemeinsam mit Jorgen Randers entwickelt haben, der auch heute noch an Bord ist.

Ähnlich wie damals wurden etliche Szenarien gerechnet, wobei seit 1972 praktisch nur dasjenige rezipiert wurde, das in den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Untergang führen würde. Das Wirtschaftswachstum würde bei einem weiter-wie-bisher irgendwann zum erliegen kommen, die Nahrungsmittelproduktion einbrechen und dann auch die Weltbevölkerung schrumpfen.

Und zwar nicht sofort, sondern erst nach einigen Jahrzehnten, also etwa jetzt. Aktualisierte Berechnungen zeigen auch, dass wir, die Erde, ihre Bewohner und ihre Wirtschaft, liegen recht genau auf einem Kurs, den der Bericht seinerzeit als möglichst zu vermeidenden beschriebenen hat.

Entscheidend ist dabei: der Club of Rome machte keine Vorhersagen! Er beschrieb und berechnete Szenarien, also mögliche Zukünfte. Welche davon dann tatsächlich eintritt, liegt am Verhalten der Menschen, ihrer Politik – und daran, inwieweit es den Wissenschaftlerinnen gelungen ist, wirklich die wesentlichen Faktoren künftiger Entwicklungen in ihren Gleichungen zu erfassen. Nun also „Earth4all“. Was gleich bei einem Blick ins Inhaltsverzeichnis auffällt: das Buch beschreibt zwei Szenarien. Das „weiter-wie-bisher“-Szenario nennen die Autorinnen „Too little too late“ (TLTL) und setzen dem ein „Giant Leap“-Szenario (GL) entgegegen, das sprachlich leider etwas an den „Großen Sprung vorwärts“ Chinas vor etwa 60 Jahren erinnert, der bekanntlich in eine Katastrophe führte. Man mag aber auch an Neil Armstrongs berühmten Ausspruch beim ersten Betreten des Mondes als großen „Sprung für die Menschheit“ denken.

Entscheidend ist: „Giant Leap“ zeigt wie es gehen könnte. Die Treibhausgasemissionen würden auf netto-null sinken, die Einkommen pro Kopf der Weltbevölkerung sogar um 13% höher liegen als im TLTL.

Und dann führt das neue Modell im Vergleich zu dem von 1972 zwei Indikatoren ein, die den Unterschied noch deutlicher zeigen als Treibhausgase und Wirtschaftswachstum: den „Index des durchschnittlichen Wohlergehens“ und einen „Index sozialer Spannungen“, die sich im Giant Leap deutlich besser entwickeln als bei einem weiter wie bisher.

Was die beiden Berichte auch unterscheidet: der Bericht schaut auch auf die regionale Verteilung der Entwicklungen: 10 Weltregieonen werden unterschieden – und zu den Rechenergebnissen kommen „Geschichten“ über vier fiktive Mädchen aus vier Kontinenten, geboren 2020, die wir mit der Lektüre bis ans Ende des Jahrhunderts begleiten.

Das Austrian Chapter des Club of Rome, ein formal unabhängiger, inhaltlich aber eng mit dem internationalen Club verbundener Verein, nimmt den Aufruf „get involved!” jedenfalls ernst. Zwei Tage nach Erscheinen des Buchs haben Till Kellerhoff, Jayati Gosh und Ernst Weizsäcker den Bericht in einer vom Austrian Chapter mit-organisierten Veranstaltung beim Ars Electronica Festival in Linz vorgestellt und mit Maria Langsenlehner vom Europäischen Umweltbüro und der grünen Nationalratsabgeordneten Astrid Rössler diskutiert.

Nun geht es uns darum, die Inhalte des neuen Berichts zu verbreiten, aber auch, mit den darin gewonnenen Erkenntnissen weiter zu arbeiten.

Mehr Informationen gibt es hier:

2 Gedanken zu „Eine Erde für alle? Der neue Bericht an den Club of Rome

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