Der Mensch im Klimastress: Klimagipfel in Oberösterreich

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Am 27. September 2022 fand der oberösterreichische Klimagipfel statt. Unter dem Motto „Der Mensch im Klimastress – von der Betroffenheit zum Handeln“ fanden Vorträge unter anderem vom Club of Rome, der Science Busters und dem Klimarat statt. Wir waren dabei!

Österreich rühmt sich nicht mit einer besonders erfolgsversprechenden Taktik gegen den Klimawandel. Tatsächlich gehören wir zu den „low performern“ im internationalen Vergleich. Das sagt der Climate Change Performance Index, bei dem wir nur den 37. Platz in Sachen Klimaschutz machen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass unser jährlicher Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 im internationalen Vergleich mit 9 Tonnen sehr hoch ist. In diesem perfiden Wettrennen um den letzten Platz schlagen uns nur noch Klimagiganten wie die USA, Australien oder Kanada.

Der Klimagipfel in Oberösterreich erinnert uns daran, dass wir zunächst vor unserer eigenen Haustüre kehren sollten. Der österreichische Verkehr alleine emittiert jährlich rund 20,7 Tonnen CO2 und ist damit am europaweit im Verhältnis zur Bevölkerungszahl am zweihöchsten. Unter dem Motto „Der Mensch im Klimastress“ haben sich Vortragende des Club of Rome, der Science Busters oder des Klimarats mit spannenden Inhalten versammelt. Das wichtigste der Veranstaltung gibt es hier!

Klimarat: Best Practice von Demokratie und Mitbestimmung

Der Klimarat ist ein zufällig, durch alle demografischen Schichten hindurch gewähltes Gremium, das eine Art „Mini-Österreich“ darstellen soll. In einem partizipativen Prozess an sechs Wochenenden diesen Jahres, haben Teilnehmer:innen Lösungsansätze für die Klimakrise ausgearbeitet und politischen Entscheidungsträger:innen präsentiert. Forderungen wie die Bildung zu klimafreundlicher Ernährung, die klimagerechte Anpassung des Denkmalschutzes oder die Kerosinbesteuerung sind nur drei Beispiele.

Der Klimarat ist aber vor allem eines: Ein Best-Practice-Beispiel partizipativer Bürger:innen-Beteiligung in einer Demokratie. Entstanden ist er aus dem Klimavolksbegehren 2020 und wurde mit ausreichend Unterschriften direkt von der Zivilgesellschaft zu Bundesregierung geschwemmt.

Am oberösterreichischen Klimagipfel macht der Klimarat nochmal seine Forderungen laut: Unterstützung klimafreundlicher Verhaltensweisen, soziale und politische Akzeptanz klimaschützender Maßnahmen, Einbindung von Bürger:innen in politische Entscheidungen und die konstruktive Zusammenarbeit zwischen Politik, Wirtschaft, Bevölkerung und der Wissenschaft

Club of Rome – Earth4All

Im Aufwind des neuen Berichts “Earth4All” wurde auch der Club of Rome zum Klimagipfel geladen. 50 Jahre nach der Veröffentlichung von „Limits to Growth“ fordern die Expert:innen nun tiefschürfende sozial-ökologische Veränderungen in unserem Gesellschaftssystem. Insbesondere Gerechtigkeitslücken zwischen Industrieländern, Superreichen, Länder des globalen Südens und den hauptverantwortlichen Verursachern der Klimakrise, sollen geschlossen werden. Sonst erwarte uns zusätzlich zum ökologischen, auch der soziale Kollaps. Globales Vermögen müsse fair verteilt und Steuerparadiesen ein Ende gesetzt werden. Die reichsten 1% sollen zur Kasse gebeten werden, nachdem Sie für fast doppelt so viele Emissionen verantwortlich sind, als die ärmere Hälfte der Weltbevölkerung.

Auch für Österreich bedeute das, eine Besteuerung der Reichen, den schnellen Ausbau erneuerbare Energien (um das 4 bis 5-fache pro Jahr) und das Ende fossiler Straßenprojekte, wie es zur Zeit von der Stadt Wien durch das Naturschutzgebiet der Lobau geplant ist. Forscher:innen der TU zufolge, führen nämlich mehr Straßen zu mehr Verkehr und nicht – wie seitens der Politik argumentiert – zu einer Entlastung der Straßen.

„Klima im Kopf“ – eine psychologische Betrachtung der Klimakrise

Auch die Sprecherin der Scientists for Future und Buchautorin Katharina von Bronswijk war zu Gast beim oberösterreichischen Klimagipfel. „Der Mensch im Klimastress“ – das Motto der Veranstaltung ist hier Programm. Bronswijk beschreibt, was die Klimakrise bei uns auslöst und wieso es für uns so schwierig ist, aus der Ohnmacht ins Handeln zu kommen.

Die Klimakrise verlange eine doppelte Resilienzleistung von uns und der Gesellschaft. Persönliche Kompetenzen wie Selbstregulation und Stressbewältigung müssten erst ausgebildet werden. Zusätzlich müssten wir uns Kompetenzen zur Problemlösung aneignen und uns in der Selbstwirksamkeit üben – also darin, an unsere Fähigkeiten zu glauben und nach ihnen zu agieren. Das Individuum ist aber nicht alleine für die Transformation verantwortlich. Damit es zu keinem „Activism Brunout“ kommt, muss das gesellschaftliche Umfeld mitschwingen. Sozial-ökologische Gemeinden, ökologische Schulprojekte und entsprechende Finanzierungen seien notwendig.

Für mehr Selbstwirksamkeit sollten wir – als positives Gegenstück zum ökologischen Fußabdruck – unseren „Handabdruck vergrößern“. Was liegt in unserem Wirkungsbereich und wo können wir Veränderungen anstoßen? Sich Klimagruppen anschließen, informieren, lesen, über die Klimakrise sprechen, eine Petition starten oder sein eigenes Vorbild für die Umsetzung nachhaltiger Lebensweisen sein. Das alles kann helfen, einen gesunden Umgang mit der Klimakrise zu finden.

Alle Vorträge und Informationen zur Veranstaltung „Oberösterreichischer Klimagipfel 2022: Der Mensch im Klimastress – von der Betroffenheit zum Handeln“ gibt es hier zum Nachlesen!

Autorin: Olivia Leth, 5. Oktober 2022

Quellen:

Verkehrsclub Österreich (2019): VCÖ: Billiger Diesel führt zu mehr Lkw-Transit, erhöht Umwelt- und Verkehrsbelastung. In: VCÖ – Mobilität mit Zukunft. URL: https://vcoe.at/presse/presseaussendungen/detail/vcoe-oesterreichs-verkehr-hat-zweithoechsten-pro-kopf-co2-ausstoss-der-eu (zuletzt aufgerufen am 5.10.2022)

Statista Research Department (15.09.2022): Treibhausgas-Emissionen des Sektors Straßenverkehr in Österreich nach Verursacher von 1990 bis 2020. In: Statista.com. URL: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/962273/umfrage/treibhausgas-emissionen-des-sektors-verkehr-in-oesterreich-nach-verursacher/

Knoflacher, H. (2022): Auswirkungen der Lobauautobahn auf die Stadt Wien. Institut für Verkehrswissenschaften Technische Universität Wien. URL: https://www.fvv.tuwien.ac.at/fileadmin/mediapool-verkehrsplanung/Bilder/Forschung/Online_Volltext_Publikationen/tu-auswirkungen-lobauautobahn.pdf

Ein Gedanke zu „Der Mensch im Klimastress: Klimagipfel in Oberösterreich

  • 16. Oktober 2022 um 17:59
    Permalink

    Danke, Olivia Leth, für dieses gute Zusammenfassung vom Klimagipfel in OÖ, den ich leider versäumt hab’. Wurde dort auch darüber berichtet, dass der Club of Rome in seiner neuen Publikation “EARTH FOR ALL” auch von einem Systemversagen spricht, in dem das “überfinanzierte System parasitär wird, weil es den Gemeingütern mehr entnimmt als regeneriert werden kann und so den breiten Reichtum untergräbt, der die menschliche Sicherheit trägt”? – Wie wir den Erhalt und den Nutzen der Ressourcen in unser neues Betriebssystem einbauen können, so dass eine Wohlergehensökonomie gut funktioniert, zu dieser Frage schlägt das Gremium des CoR die “Dividende” vor (sozusagen eine Entschädigung/einen Anteil an unseren Gemeingütern), nicht als “Wohlfahrtstransfer”, sondern als ein allen Bürgern und Bürgerinnen zustehendes Recht. Manche sehern das Grundeinkommen als so eine Dividende und es gab ja in diesem Jahr in Ö. das Volksbegehren für ein Bedingungsloses Grundeinkommen, das recht erfolgreich war und jetzt im Parlament näher behandelt werden sollte.

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