Bedingungsloses Grundeinkommen: Utopie oder Friedenssicherung in Europa?

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Heute beginnt die 15. internationale Woche des bedingungslosen Grundeinkommens. Unter dem Motto “Bedingungsloses Grundeinkommen ist bedingungsloser Humanismus” stellen wir uns die Frage: Was kann eine BGE-Bürgerinitiative zum Friedenserhalt in der EU beitragen?

Bedingungsloses Grundeinkommen: Die Forderung nach einer finanziellen Mindest-Zuwendung des Staates für alle Menschen, ohne eine Gegenleistung zu verlangen. Was für viele utopisch klingt, ist für andere der Weg in die europaweite Friedenssicherung. Denn der humanistische Ansatz des BGE sagt, dass jeder Mensch das Recht hat, ein Leben in Würde zu führen und die Verwirklichung der eigenen Fährigkeiten und Interessen darum auch dann möglich sein sollte, wenn sie nicht in einer Erwerbstätigkeit entlohnt wird. Sorgearbeit oder Ehrenämter beispielsweise, die tragende Säulen unserer Gesellschaft darstellen, würden damit nicht unentlohnt bleiben und damit diskreditiert werden.

In diesem Beitrag beziehen wir uns auf einen offenen Brief engagierter Aktivist:innen der Europäischen Initiative für das Bedingungslose Grundeinkommen. Das Schreiben richtet sich an alle politischen Verantwortungstragenden (Abgeordnete zum EU-Parlament, Mitglieder der Kommission und des Rats) und ist der Versuch, die derzeit brodelnde EU-weite Diskussion über das Mindesteinkommen in Richtung einer friedlichen Sozialpolitik zu lenken. Eine Sozialpolitik, die so bedingungslos wie möglich sein soll. Genaue Forderungen der Bürgerinitiative gibt es hier zu lesen.

Ein Hauptakteur in diesem Schreiben ist Klaus Sambor. Als aktives Mitglied in der Arbeitsgruppe GE/attac vertritt er Österreich in der Europäischen Bürgerinitiative für ein GE (ECI/UBI). Die schon seit vielen Jahren aktive Initiative tritt nun vehement an alle Regierungsverantwortlichen heran.

Das Motto der 15. internationalen Woche des Grundeinkommens lautet: „Bedingungsloses Grundeinkommen ist bedingungsloser Humanismus“.  Nun, das klingt gut, aber wie lässt es sich mit unserem Sozialstaat vereinen?

Bedingungsloses Grundeinkommen: Wunsch einer demokratischen Mehrheit?

UN-Ziele nachhaltiger Entwicklung, Gutes Leben für Alle, die Europäische Union: Es gibt viele Konzepte die ein fast utopisches Bild unserer gemeinsamen Welt zeichnen. Das BGE (bedingungslose Grundeinkommen) ist dabei keine weniger realistische Ausnahe. Wenn wir uns das BGE in einem utopischen Bild unserer Gesellschaft vorstellen, dann sollten wir uns zunächst dem ‚Emanzipatorischen Modell‘ des Grundeinkommens zuwenden. Es entspricht am ehesten den eingangs erwähnten Friedens- und Nachhaltigkeitskonzepten. Allerdings nur solange die Verpflichtung zur Sicherung des Friedens anstelle der neoliberalen Wirtschaftspolitik und anstelle der Festschreibung zur Verpflichtung zur Aufrüstung rückt. Da kommten Dissonanzen auf, die einen gerne amn dem Projekt EU als Weltmacht zweifeln lassen. Ein “Gutes Leben für Alle” in der EU, die ihre Bestimmung darin sieht zu der wettbewerbsfähigsten Region in der globalisierten Welt zu werden, und die obendrein noch ihre militärischen Muskeln spielen lässt – wie soll das gehen?

Frieden und ein Gutes Leben für Alle: Zu viel für das BGE?

Ja, aber es braucht vor allem sehr viel Geduld! Ich bleibe zuversichtlich solange es Akteure in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft gibt, die sich aus dem „neoliberalen Gehäuse der Hörigkeit“ (Max Weber) befreien und diese rücksichtslosen Verpflichtungen nicht akzeptieren (s. Lissabon Vertrag). Vieles was jetzt schon öffentlich diskutiert wird, entstand früher mal aus einer zivilgesellschaftlichen Bewegung. Durch ihr Engagement wurden politische Konzepte wie das Bedingungslose Grundeinkommmen in die Parlamente zur Diskussion gebracht und später von entsprechenden Akteuren realisiert. Ob das BGE die Kraft hat, unseren Sozialstaat zu mehr Solidarität für alle zu transformieren, ist unklar. Wie so oft, gibt es mehrere Weichenstellungen, die den Kurs der kommenden Jahre bestimmen und das BGE kann eine der Dreh- und Angelpunkte sein. Mehr Fairness, mehr Zufriedenheit, mehr Gleichstellung der Geschlechter – all das sind mögliche Effekte des BGEs für eine vielleicht noch utopische, aber sehr reale Welt. Daher möchte ich das Projekt der Europäischen (BürgerInnen-)Initiative für das BGE hier ganz besonders erwähnen. Es hat meine Bewunderung und verdient mehr Beachtung, ja vielleicht sogar Hochachtung.

Österreichweite Veranstaltungen der 15. internationalen Woche des bedingungslosen Grundeinkommens gibt es hier.

Beitrag von Ilse Kleinschuster, 19. September 2022

Ein Gedanke zu „Bedingungsloses Grundeinkommen: Utopie oder Friedenssicherung in Europa?

  • 16. Oktober 2022 um 18:32
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    Ich möcht’ hier – nachdem ich jetzt das Buch “Earth for All” auf die Seite gelegt hab’ – eine Ergänzung einbringen. Es gibt im Abschnitt “Ein neues Spielbrett” (Kapital 8) einen starken Ansatz in Richtung Lenkung der Wirtschaft zu einem ausgewogenen Wachstum der Reichtümer, die allen Menschen dienen und nicht mehr nur der Vermehrung des Einkommens und Vermögens der Eigentümer*innen. Warum klammern wir uns so hartnäckig an unser Finanzsystem – obwohl wir wissen, dass es dem Natur- und Finanzkapital Werte entzieht? …., dass es die langfristige Wertschöpfung vernachlässigt, weil nicht in die Gemeingüter reinvestiert wird? – Tja, da braucht’s den Systemwandel: damit eine Wohlergehensökonomie gut funktioniert, müssen die Bürger*innen von ihren Gemeingütern profitieren. Nun, naheliegend: die erhobenen Abgabe aus der Bewirtschaftung all dieser Gemeingüter könnten für die sofortige Rückverteilung an alle Bürger*innen zur Verfügung gestellt werden. Dies könnte von einem BÜRGERFONDS gehandhabt werden, der als treuhänderische Stiftung an der Seite der Zentralbank eingerichtet wird. – Warum nicht?!?

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