Was wir ändern müssen

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Wir sind dran“: Der neue Bericht des Club of Rome fordert eine „neue Aufklärung“

(cooppa, 09.01.2018, Manfred Ronzheimer) „Die Grenzen des Wachstums“, die Studie des Club of Rome aus dem Jahre 1972 gilt heute als ein Markstein der wissenschaftlichen Politikberatung, auch wenn die prospektiven Berechnungen zur Ressourcenverknappung nicht Wirklichkeit geworden sind. Jetzt hat die Gruppe der Vordenker aus Wissenschaft und Wirtschaft, angeführt von dem deutschen Umweltforscher Ernst Ulrich von Weizsäcker, ein neues Zukunfts-Memorandum vorgelegt, das nicht nur die Dringlichkeit einer Umkehr zur Nachhaltigkeit thematisiert, sondern als deren Grundlage auch eine Wende in den Köpfen, eine „neue Aufklärung“, anmahnt. Nun müssen die Grenzen des Denkens überschritten werden.

Der Titel der deutschen Ausgabe des 380-Seiten-Weckrufs, verfasst von den beiden Hauptautoren Ernst Ulrich von Weizsäcker und Anders Wijkman, lautet: „Wir sind dran – Was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen“. Das „Dransein“ ist absichtlich doppelsinnig: Jetzt geht es der Menschheit wirklich an den Kragen, wenn sie nicht umsteuert, wie auch in der aktiven Bedeutung: Die Zeit ist reif für Taten.

Eine zentrale Metapher der Diagnose ist der Übergang von der „leeren“ zur „vollen“ Welt, andernorts als Ära des „Anthropozäns“ bezeichnet. Die „leere Welt“ war jene Zeit, „als die Fülle an natürlichen Ressourcen auf dieser Erde endlos schien“, schreibt der Club of Rome. Während dieser Zeit, als sich auch die europäische Aufklärung entfaltete, wurden weite Teile Amerikas und Afrikas als scheinbar endlose Siedlungsgebiete erobert. Die „volle Welt“ dagegen stößt, besonders spürbar seit Mitte des 20. Jahrhunderts, immer häufiger an Limits: „Die Grenzen sind greifbar, fühlbar in allem, was wir tun“. Das Problem dabei: die ideologische Grundlage wurde bisher nicht angepasst. „45 Jahre nach den Grenzen des Wachstums, verfolgt die Welt immer noch eine Wachstumspolitik, als ob wir in der leeren Welt lebten.“

Die Folgen des Überschreitens der „planetaren Grenzen“ sind allenthalben sichtbar. „Fast die Hälfte der fruchtbaren Böden der Erde ist in den letzten 150 Jahren verschwunden; fast 90% der Fischbestände sind entweder überfischt oder einfach weg. Die Klimastabilität ist in echter Gefahr und die Erde erlebt gerade das sechste große Artensterben ihrer Geschichte“, so die ökologische Schreckensbilanz des Reports.

Als Ernst Ulrich von Weizsäcker in der vorigen Woche den Report in der „2. Berliner Platz-Rede“ vorstellte, ging er auch auf weitere Gefahrenpotentiale ein, die aus dem wissenschaftlichen Fortschritt rühren und die noch zu wenig allgemeine Beachtung fänden. Dabei stützte er sich auf Arbeiten des „Center for the study of existential risk“ (CSER) im englischen Cambridge, das Gefahren identifiziert hat, die die gesamte Menschheit existenziell bedrohen können.

Eine davon ist die synthetische Biologie mit der neuen gentechnologien Methode des „Gene Drive“, etwa zur Erbgutveränderung von Mikroben. Auf diese Weise könne ihre Infektionswirkung erhöht ud die Resistenz gegen Antibiotika eingebaut werden. „Das wird heute gemacht“, sagte Weizsäcker in Berlin. „Der Hauptfinanzier für Gene Drive – was schlimmer ist als die alte Genmanipulation – ist das Pentagon“. Nach außen werde der Eindruck erweckt, dies habe „ja garnichts mit Genmanipulation zu tun“; zudem lasse sich so der Malaria-Errger ausrotten. „Aber wenn das in den Händen des Militärs ist – das ist absolut dramatisch!“, warnte der Club of Rome-Präsident. Fatal sei, dass es hierzu keine gesetzliche Regulierung gebe. „Die haben es geschafft, dass alles aus dem Gentechnikgesetz raus ist, damit es nicht kontrolliert wird“, sagte Weizsäcker am Pariser Platz. „Es ist grauenhaft: Es ist eine wirklich menschheitsbedrohende Gefährdung. Und die Zeitungen berichten darüber nicht“.

Andere großflächige Gefährdungen berge das GeoEnegineering als Technik gegen den Klimwandel, wie auch das ungebremste Voranschreiten der Künstlichen Intelligenz.

Weitere Informationen:

Wir sind dran. Club of Rome: Der große Bericht. Was wir ändern müssen, wenn wir bleiben wollen. Eine neue Aufklärung für eine volle Welt

Ernst Ulrich von Weizsäcker
Anders Wijkman

„Was ist wichtiger, Wohlstand oder Umweltschutz?“ – Interview mit Ernst Ulrich von Weizsäcker in der Sueddeutschen Zeitung

„Der Markt erpresst den Gesetzgeber“ – Gespräch mit Ernst Ulrich von Weizsäcker auf utopia.de

2. Pariser Platz Rede von Ernst Ulrich von Weizsäcker am 5. Dezember 2017 in Berlin

Die Zukunftsrede – Ernst Ulrich von Weizsäcker – Am 28. November 2017 im Ernst-Bloch-Zentrum in Ludwigshafen am Rhein

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