Wie „Öko“ zur Routine wird
Wuppertal-Experte Michael Kopatz bei Salzburger Smart City Roundtable
(cooppa, Hans Holzinger, 16.07.2018) „Es ist alles über Nachhaltigkeit gesagt, aber vieles noch nicht getan“ – damit bringt Michael Kopatz in seinem Buch „Ökoroutine. Damit wir tun, was wir für richtig halten“ auf den Punkt, was viele Umweltengagierte gerne bestätigen werden. In einem Roundtable von Smart City Salzburg in der Academy Bar skizzierte der Projektleiter „Energie-, Verkehrs- und Wirtschaftspolitik“ im Wuppertal Institut zentrale Aussagen seines Öko-Bestsellers.
Wir brauchen nicht nur bessere Öko-Technologien, sondern auch andere Alltagsroutinen, die umweltgerechtes Verhalten zur neuen Norm für alle machen, so Kopatz. Ökologisches Verhalten müsse zur Selbstverständlichkeit werden. Dieser Wandel könne nicht allein durch Bewusstseinsbildung erreicht werden, vielmehr sei es Aufgabe der Politik, die Wirtschaft und die BürgerInnen durch Anreize, sukzessive steigende Öko-Standards und Ressourcenlimits zu Änderungen anzuhalten: „Geänderte Verhältnisse verändern Verhalten.“
Als Barrieren für den Wandel machte Kopatz die fehlenden einheitlichen Umweltstandards für Unternehmen sowie das aggressive System der Konsumsteigerung durch Werbung aus – allein in der BRD werden jährlich 30 Mrd. Euro für Produktwerbung ausgegeben. Unternehmen, die ökologisch produzieren, verlieren im Wettbewerb. Aufrufe zur Konsummäßigung verhallen im Nichts.
Systemische Treiber des falschen Pfades ausschalten
Das Ansetzen am Individuum greift für Kopatz zu kurz. Wir seien alle Verdrängungskünstler, daher sei es unmöglich diese „gelebte Schizophrenie“ mit Bildung aufzulösen. Das persönliche Verhalten der Einzelnen führe gesellschaftlich zu Ergebnissen, die keiner will. Es gelte, die „systemischen Treiber“ einer nicht nachhaltigen Lebensweise auszuschalten.
Möglich sei dies durch eine kontinuierliche Erhöhung der vorgeschriebenen Standards etwa im Bereich Bauen (Energieeffizienz), Produktqualität (Langlebigkeit) oder Landwirtschaft (artgerechte Tierhaltung u.a.), durch Veränderung der Infrastrukturen, etwa den schrittweisen Rückbau der Auto-Infrastrukturen bei gleichzeitigem Ausbau der ökologischen Mobilitätsalternativen sowie durch Festlegung von Grenzen, etwa der Flugbewegungen pro Flughafen.
Dies sei nicht Freiheitsberaubung, sondern geschehe im Sinne der Sicherung der Freiheitsrechte auch für spätere Generationen, so Kopatz. Und das Zusammenleben erfordere immer verbindliche Übereinkünfte. „Der Fortschritt der Zivilisation beruht auf Regeln, die sie sich gibt.“
Neuansätze für eine „smarte Green City Salzburg“
In der anschließenden Diskussion mit Vertretern und Vertreterinnen der Stadtplanung, von Umweltinitiativen und der Wirtschaft wurden Möglichkeiten für mehr „Ökoroutine“ in Salzburg angesprochen. Die Vorschläge reichten von autoarmen bzw. autofreien Wohnanlagen – Stadtbaudirektor Andreas Schmidbauer berichtete von ersten Bauprojekten mit einem reduzierten Stellplatzschlüssel – über den weiteren Ausbau der Radinfrastruktur bis hin zu Carsharing-Systemen. Aus dem Publikum hinterfragt wurde auch die unterirdische Verlängerung der Lokalbahn, stattdessen die Investition in eine andere Oberflächengestaltung, etwa ein flächendeckendes Byke-Verleihsystem, vorgeschlagen. Smart City Koordinator Franz Huemer plädierte für einen neuen Anlauf, um das eingestellte Carsharing-System EMIL der Salzburg AG in Kooperation mit den Umlandgemeinden wieder zu beleben.
Mehrfach betont wurde, dass die bessere Kommunikation über Alternativen und die Vermittlung attraktiver Bilder einer lebendigen Stadt mit mehr Grün- und Freiflächen für die Menschen dazu beitragen würde, größere und mutigere Schritte zu setzen, um Salzburg zu einer „smarten Green City“ zu machen.
Der von Karl Schupfer moderierte Roundtable u.a. mit Planungsstadtrat Johann Padutsch war ein gelungener Beitrag dazu, diese Kommunikation über eine lebenswerte Stadt voranzubringen. Der Referent konnte eindrücklich vermitteln, dass Umweltengagement bei strukturellen Veränderungen ansetzen muss, Aktionen und kreative Ansätze aus der Zivilgesellschaft aber nötig sind, um den öffentlichen Druck dafür zu erzeugen.
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Beitragsbild: H. Holzinger