#MeToo seit über 30 Jahren. Die Geschichte des ersten österreichischen Frauennotrufs

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(cooppa, Fritz Hinterberger & Dorina Jobstmann, 05.10.2018)

„Wir SozialarbeiterInnen haben bestimmt auch ein kritisches Denken mitbekommen beim Studieren“ sagt Ingrid Lauber-Pils im cooppa-Gespräch. „Damals waren wir alle sehr politisiert und in die Ämter und Organisationen, die es damals gab und welche sehr streng waren, da wollten wir nicht hinein.“ Als Alternative hat sie mit einer Gruppe engagierter Frauen selbst eine Organisation gegründet und selbstbestimmt auf die Beine gestellt. „Eine Beratungsstelle für Frauen und ein Arbeitsplatz für uns schaffen“, war das Ziel. Das ist 37 Jahre her. 36 Jahre vor dem Hashtag #MeToo. Wie aktuell ihre Arbeit heute ist, zeigen auch die Forderungen des Frauenvolksbegehrens, das noch  bis 8.10. in ganz Österreich unterstützt werden kann.

„Begonnen haben wir als Studentinnengruppe an der Akademie für Sozialarbeit und haben ein Projekt gemacht zu Vergewaltigung gegen Frauen“, ergänzt Gabi Ziering. Zuerst haben sie theoretisch gearbeitet, Daten zusammengetragen und die aktuelle Situation in Europa erforscht. Zwei Kolleginnen fuhren nach Berlin, wo es bereits einen selbstverwalteten Frauennotruf und haben dort ein Praktikum absolviert. Wieder zurück in Wien und mit abgeschlossenem Studium haben sie als Frauengruppe, mit gutem Zulauf, weitergemacht. In Spitzenzeiten waren es bis zu 12 Frauen die aktiv in der Gruppe Frauennotruf mitgearbeitet haben.

Zu Beginn hat sich die Gruppe auf Öffentlichkeitsarbeit konzentriert, mit Beispielsweise Infoständen in der Karlsplatzpassage oder Frauenfesten. Dort wurden handgemacht Infoblätter verteilt und agitiert. 1982 wurde ein Verein Frauennotruf gegründet. Mit großer Unterstützung von Johanna Dohnal, die damals Frauenstaatssekretärin war.  das erste Frauenlokal im 4. Bezirk angemietet. „Den ersten Anrufbeantworter hat uns Johanna Dohnal geschenkt“, erinnert sich Ziering. Etwas später wurde der Verein durch Subventionen unterstützt, um Telefonrechnungen und die Miete bezahlen zu können. Über das Akademikertraining konnte der Verein für 20 Stunden eine Psychologin anstellen, die Beratunsgsgepräche über das Telefon führen konnte. Zu dem Zeitpunkt waren alle HelferInnen bereits fertig mit ihren Studien und in fixen Jobs, was es zunehmend schwieriger machte, die Vormittagstelefondienste abzuhalten.

Auch wenn es heute auch öffentliche Beratungsstellen gibt: der Verein besteht immer noch. Er kooperiert mit den Behörden,  von denen man sich früher eher abgrenzen wollte. „Sie sind nicht mehr der Feind“, sagt Ursula Kussyk, die den Verein heute leitet.

Nach wie vor geht es um Beratung, telefonisch wie auch persönlich beispielsweise in Prozessbegleitungen oder per E-Mail. Das hat sich im Laufe der Jahre entwickelt. „Opferschutzeinrichtungen wie das Justizministerium können im Falle eines Verbrechensopfers, welches das Recht auf Prozessbegleitung hat, unterstützen.“, sagt Kussyk. „Die Unterstützung kann sowohl psychosozial als auch juristisch, in Form einer Rechtsanwältin, sein, die wir organisieren“. Des Weiteren betreibt der Verein noch immer Öffentlichkeitsarbeit sowie Vernetzung. Die Kooperation mit Ministerien, der Polizei  oder der Stadt Wien, mit denen früher oft gestritten wurde, funktioniere gut. Es wird versucht, zusammen etwas zu erarbeiten.

Rechtlich habe sich ebenfalls viel verändert, viele Forderungen haben sich erfüllt. Wie zum Beispiel im Bereich der sexuellen Belästigung. Das Problem jedoch ist, das noch immer zu wenig Bewusstsein vorhanden ist, sagt Kussyk. Es bringe wenig, weiterhin die Schrauben am Rechtssystem zu drehen, wenn das Bewusstsein fehlt. „ Es hat überhaupt keinen Sinn wenn du zum Teil sehr gute gesetzliche Regelungen hast, die aber nicht umgesetzt werden“.

Heute ist es leider nach wie vor so, dass wenn eine Frau einen sexuellen Übergriff zur Anzeige bringt, abgesehen von einigen sehr engagierten und bemühten PolizistInnen, ihr häufig nicht geglaubt wird. Von vorn herein besteht ein Misstrauen und die Frau muss beweisen durch Glaubwürdigkeit und ihr Auftreten als Person, dass stimmt was sie sagt.

Der Verein fordert Schulungen für RichterInnen, StaatsanwältInnen und PolizistInnen. Schulungen die nachhaltig sind. Den Ausbau der Kooperation zwischen Behörden, Gerichten und Gewaltschutzzentren fordert auch das „Frauenvolksbegehren 2.0“, das noch bis 8.10.2018 zur Unterschrift aufliegt. Näheres unter www.frauenvolksbegehren.at

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