Gedanken zur Future Challenge

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#futurechallenge? – Gedanken dazu von Ilse Kleinschuster (Initiative Zivilgesellschaft)

(cooppa, Ilse Kleinschuster, 10.12.2018) „Ein Ticket zum Zusammenhalt Europas“, so der Titel eines Berichts von Hannah Greber in der Wiener Zeitung vom 23. November 2018. Mit dem Untertitel „Gratis-Interrail als Kitt für die Europäische Union. Wie aus einer Idee ein 700 Millionen-Euro-Projekt der EU wurde.“ Im Sommer 2018 hatten also 15.000 Jugendliche, darunter 257 Österreicher, die mit Stichtag 1. Juli 18 Jahre alt waren, die Möglichkeit Europa mit dem gratis Interrailticket #DiscoverEU zu erkunden. Für diese Pilot-Runde hatte die EU zwölf Millionen Euro übrig

Haben diese jungen Leute dadurch wirklich erfahren können, was Zusammenhalt bedeutet?

Ich möchte vorausschicken, dass ich glühende Europäerin bin und es zunächst ganz in Ordnung fand, als ich von dieser Idee im Rahmen einer Veranstaltung von FUTURE CHALLENGE hörte, ging es doch darum die europäische Einheit zu stärken. Aber, sollte es wahr werden, dass man durch gemeinsames Reisen „auf den Schienen der europäischen Spurweite Normalspur“, das Knüpfen von Kontakten und das Überwinden von Grenzen, Jugendliche für Europa begeistern kann? Sollte es stimmen, dass dadurch in vielen jungen Leuten die Vorstellung von Europa als Eliten-Projekt verwischt wird? Einige von ihnen werden die Reise sehr wohl genossen, neue Bekanntschaften geschlossen, vielleicht ihre Kontakte auch gehalten haben. Aber, ob dies auf Dauer genügen wird, ein Netzwerk von Menschen aufzubauen, das sich in Verantwortung fühlt – auf Basis der universellen Bedeutung der Grund- und Menschenrechte für Frieden, Gerechtigkeit und Wohlergehen, wie sie entsprechend der Schlussakte von Helsinki, der Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) vom 1. August 1975 von 33 Teilnehmerstaaten Europas anerkannt wurden. Ich wage es zu bezweifeln.

„Verantwortungsvolle Politik muss auch das Leben nach der Interrail-Party im Blick haben“, merkt Evelyn Regner, Delegationsleiterin der SPÖ im Europaparlament, in der Wiener Zeitung kritisch an und verweist auf die hohe Jugendarbeitslosigkeit – sieben Millionen Jugendliche seien in Europa arbeitslos. Auch meinem Geschmack nach finde ich es zynisch, wenn man dieses Interrail-Lotterie-Projekt als ein Projekt hinstellt, dass für die europäische Einigung stehen könne.

Ich habe in der letzten Zeit an einigen Internationalen Veranstaltungen teilgenommen, die die Entwicklung nicht nur des wirtschaftlichen, sondern auch des sozialen und des Natur-/Umwelt-Kapitals Europas zum Thema hatten. Es ging dabei immer auch um die nachhaltige Entwicklung unserer Gesellschaft – und dementsprechend waren unter den Teilnehmenden immer sehr viel junge Leute.  Ich konnte im Zuge meiner langjährigen Tätigkeit innerhalb eines initiativen und engagierten zivilgesellschaftlichen Netzwerks erfahren, wie immer mehr junge Leute als ‚Wirks & Passierchen‘ (cit. Hans Peter Dürr, Atomphysiker, Aktivist und Nobelpreisträger) tätig sind – meist ohne Anstellung und oft in Gefahr sozial abzustürzen, einfach auf Grund ihres starken Anliegens, etwas zum Fortschritt der Gesellschaft und/oder zur Verbesserung ihrer Umwelt zu tun. Ihr Engagement fragt meist nicht nach Bezahlung, es verlangt eher nach Anerkennung. Entsprechenden Lohn für ihre Arbeit kann ihnen oft auch ein fair denkender Arbeitgeber nicht geben, ohne sich selbst dabei in existentielle Notlage zu begeben.

Was wir dagegen tun können?

Mit dieser Frage stellen wir jetzt den Hebel um, denn es ist zu befürchten, dasss der Zug bald entgleist, wenn er nicht rechtzeitig das Signal erkennt. Wo diese Signale jedoch rechtzeitig erkannt werden, dort ist das Aktivwerden der Zivilgesellschaft gefragt. Hebelsetzer sind Menschen, die erkannt haben, dass die „Zeichen der Zeit auf Sturm stehen“, es sind Künstler und Interlektuelle, Experten aus diversen Bereichen der Wissenschaft und Bildung, aber auch aus praktischen Fächern. Sie geben mit ihrem Wissen und ihrer Erfahrung wichtige, inspirierende Beiträge zur Belebung der demokratischen Kultur und der Mobilisierung des gemeinsamen Engagements von Bürgerinnen und Bürgern für eine bessere Welt.

Der Spruch „Der Mensch denkt und Gott lenkt“ – sollte er heute wieder mit mehr Bedacht gesagt werden, dann wohl von unternehmerischen Menschen, die sich ihrer Verantwortung an Stelle Gottes, des Schöpfers unserer WELT, bewusst sind? (siehe dazu „Schöpfungsverantwortung, als Prinzip der Ökologie, erfordert ein universelles, ganzheitliches Konzept für die tatsächliche Umsetzung.“) Solche Menschen sind oft auch Unternehmer, Arbeitgeber, die sich immer öfter die Frage stellen müssen: Wie soll ich meinen ‚Arbeitnehmern‘ einen fairen Preis bezahlen, wenn ich dabei Gefahr laufe in Konkurs gehen zu müssen? Damit sie diesem Dilemma aus dem Weg gehen, haben viele begonnen eine Art von Genossenschaft zu bilden, in der jede/r sich für Gedeih und Verderb des Unternehmens zuständig fühlen sollte.

So wurden in Österreich innerhalb eines Jahres unter dem Dach von Rückenwind, dem neu gegründeten Förderungs- und Revisionsverband gemeinwohlorientierter Genossenschaften, bereits 20 Genossenschaften gegründet, in denen sich Menschen zusammengeschlossen haben und die Verbesserung der Welt mit der Schaffung konkreter Arbeitsplätze verbinden. Eine bunte Vielfalt, vom Bioladen über Architekturbüros und Softwareschmieden bis hin zur Mediengenossenschaft cooppa.

„Es geht um was! Es sollte sich immer lohnen, in ein Gutes Leben zu investieren“, so der Slogan von Fritz Hinterberger vom SERI (Sustainable Europe Research Institute), der sich nun schon seit 20 Jahren bemüht mit Forschung zur Nachhaltigen Entwicklung über hundert Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen temporäre und auch langfristige Arbeit zu bieten – und dies als GmbH, die sich immer schon den genossenschaftlichen Prinzipien der Selbstorganisation und Selbstverantwortung verschrieben hat. Markenzeichen des SERI ist es wohl, ein wachsendes Netzwerk zu bilden, in dem seine Experten ihre Projekte und Erfahrungen im Nachhaltigkeitsbereich an eine größere Community europaweit weitergeben. Aufgrund des breiten Know-Hows von Fritz Hinterberger ist in der letzten Zeit einiges an internationalen Kontakten jungen Menschen zugutegekommen, die sich um die Umsetzung der Globalen Nachhaltigkeitsziele (SDGs) bemühen.

Wenn ich mich also zwar der Kritik von Evelyn Regner anschließe, so möchte ich zugleich auch ein konstruktives Element in die Debatte bringen. Arbeitsplätze schaffen, JA! und zwar solche mit zukunftsgerichteter, enkeltauglicher Wertschöpfung!!!

Im Sinne der „Future Challenge“ – der zukünftigen, großen Herausforderungen – scheint es mir jedenfalls wichtiger als ein EU-Wahlspot #DiscoverEU, jene Unternehmen stärker in ihrem Bemühen zu unterstützen, innerhalb eines schwierigen, wirtschaftlichen Umfelds nachhaltig zum Klima- und Ressourcenschutz, zum „Guten Leben für Alle“ und zu einer fairen Wirtschaft etwas beizutragen und damit auch langfristige Beschäftigung schaffen.

Ein Gedanke zu „Gedanken zur Future Challenge

  • 15. November 2019 um 9:01
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    Unter dem Titel “(Klima-)Business ohne Plan?” schreibt in der Rubrik “So eine Wirtschaft” – in der Wiener Zeitung vom 15. Nov. 2019 – Stefan Schleicher (Prof. am Wegener Center für Klima und Globalen Wandel an der K.F.-Universität Graz): “Der Nationale Energie- und Klimaplan sollte auch Unternehmen und Bürgern Orientierung geben.” Ja, sollte er wohl -, aber kann er?!? – Wie, unter den herrschenden wirtschaftlichen Gepflogenheiten? Wenn die im Nationalen Energie- und Klimaplan (NEKP) von der Regierung jetzt vorgeschlagenen Maßnahmen vielfach mangelhaft und irrelevant sind, dann ist das m.M.n. grundsätzlich auf ein fehlerhaftes Wirtschaftssystem zurückzuführen. Ich meine daher, es kann ein Gutes Leben für Alle ohne neue Sachkompetenz und neue Plattformen für die Entscheidungsfindung nicht geben.

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