Die DorfUni.at tagt. Und sie mobilisiert den ländlichen Raum in Österreich.

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(cooppa, 10.03.2021, Ilse Kleinschuster) Am 23. Februar 2021 war es bereits eine größere Gemeinschaft als bei vorhergegangenen Webinaren der DorfUni, die sich 2020 konstituiert hat und seither ständig wächst. Ihr Urheber Franz Nahrada ist Soziologe, Philosoph und Zukunftsforscher mit dem Themenschwerpunkt: Gestaltungsmöglichkeiten von (vorwiegend ländlichen) Lebensräumen und menschlicher Gemeinschaft im Zeitalter globaler Vernetzung. Er hat die Ideen von Marshall McLuhan von den „Globalen Dörfern“ aufgegriffen und widmet sich seither der Vision, diese könnten zu Keimzellen einer planetaren Regeneration werden.

Es sollen demnach „Oasen des Wandels“ entstehen, so David Steinwender, Aktivist in der Transition-Bewegung und jetzt auch bei der GIVE-Forschungsgesellschaft und Initiative DorfUni tätig. Ausgehend vom Globalen sollen die UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) ins Lokale weitergeleitet werden – Transition STREETS. Dazu bedarf es mutiger Motivatoren, d.h. der jeweils Einzelnen, die sich befähigt fühlen das Dorfleben mitgestaltend zu aktivieren.

Regionale Klimagerechtigkeit als aktueller Schwerpunkt

Als Grundstein gibt es momentan in dieser DorfUni ein Team von rund zwölf Personen. Sie stoßen lokale Bildungsteams an, die dann im jeweils eigenen Umfeld „Commoning“ betreiben, also ein „gutes Leben für alle“ als eine Gemeinschaftsaufgabe verstehen und auch fördern. Zurzeit, Corona-bedingt, sind es Vorträge, Seminare und Workshops, die als „Virtuelle Konferenz der innovativen Dörfer“ das hybride Konzept abrunden. Gestreamt wird über den eigenen Server, über Facebook und über Youtube, wo alle Ausgaben abrufbar sind.

Das Frühjahrsprogramm des Klimaschwerpunkts der DorfUni unter dem Titel „Regionale Klimagerechtigkeit“ wird unter anderem von der Österreichischen Gesellschaft für Politische Bildung (ÖGPB) gefördert. Ganz allgemein geht es den Veranstaltern um den Aspekt, dass nur durch die Kooperation von Multistakeholdern – mit Fokus auf die lokale und regionale Ebene – die Energiewende gelingen kann. Dies schließt natürlich auch ein, dass sich Institutionen, die nicht lokal/regional verankert sind, einbringen können.

Zukunftsvisionen sollen zum Mitwirken anregen

Nino Gamsjäger (System Change, not Climate Change!) setzte sich in seinem Impulsvortrag mit den kognitiven Dissonanzen auseinander, die uns unweigerlich begegnen, wenn wir in den Bereichen Klimagerechtigkeit und Klimaneutralität zu objektiven Standpunkten gelangen wollen. Er sehe hier wenig Aussicht auf demokratischen Konsens, solange die Politik der Wirtschaft und dem Finanzkapital hörig sei – und solange es demokratiepolitisch keine Weiterentwicklung gebe. Daher, so Gamsjäger, seien Zukunftsvisionen gefordert, die so stark kommuniziert werden, dass immer mehr Menschen Lust darauf bekommen bei ihrer Umsetzung mitzuwirken. An diesem Punkt gab es eine kreative Pause, die der aktiven Mitarbeit in Kleingruppen gewidmet war. Die Ergebnisse wurden danach vom Chat-Master Christian Fuchs vorgestellt.

Als Höhepunkt nach der Pause wurde ein Forschungsprojekt aus dem Institut für Raumplanung an der Universität für Bodenkultur Wien vorgestellt, dass sich mit Strom-Sektor-Koppelung beschäftigt. Aber auch dafür, so Univ.Prof.Dr. Gernot Stöglehner, brauche es mehr Kooperation lokal und regional – ohne diese könne die Energiewende einfach nicht funktionieren. Die Zusammenarbeit der Gemeinden beim Einsparen könnte mit dem Tool Energiemosaik Austria erleichtert werden, das Energie­verbrauch und die damit verbundenen Treibhaus­gas­emissionen aller öster­reichischen Städte und Gemeinden detailliert darstellt. Auch hier wäre natürlich mehr Bürgerbeteiligung erwünscht, auch dazu gab es rege Diskussionen.

Fazit

Mein Eindruck: eine sehr interessante Veranstaltung, die vermutlich auch für viele der betroffenen Teilnehmer*innen aufschlussreich war – primär in Bezug auf die problematische Situation, vor allem jetzt aufgrund der Covid-19-Pandemie, in der sich viele Gemeinden ja gleichermaßen befinden. Einer der Teilnehmer meinte, es mache Lust auf und Luft nach oben – für die Schaffung von mehr öffentlichen Aufträgen!?!

Ich hoffe, es machte Lust auf mehr aktive Beteiligung der Bürger*innen an den Problemlösungen zu multiplen Krisen. Nicht nur zu der, die durch die Covid-19 Pandemie hervorgerufen wurde, sondern auch jener, die uns der hohe zivilisatorische Standard in Sachen Freiheit, Sicherheit, Gesundheit und Wohlstand, in den letzten Jahrzehnten beschert hat. Ich finde, die Transition-Bewegung sollte, hier speziell die Initiative DorfUni nicht nur das UN-Ziel SDG 11 – Nachhaltige Städte und Gemeinden – im Auge haben, sondern einen Paradigmenwechsel auf Augenhöhe der Erklärung der Menschenrechte ganz allgemein. Denn erst dann kann es einen Pfadwechsel vom aktuellen zerstörerischen System zu einem ökosozialen, friedlichen geben.

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