Die Chancen nutzen!

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Die Lebenstour „Felix Austria“ versammelt Menschen aus Kunst, Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik, um über das gute Leben nachzudenken

(cooppa, 24.02.2021, Fritz Hinterberger) „Wir wollen die Chancen, die in der gegenwärtigen Corona-Krise liegen, aktiv nutzen“, sagt Alfred Strigl, der gemeinsam mit dem Unternehmer und „Ermöglicher“ Martin Essl sowie dem Kunst-Kollektiv ArtEmbassy von Emmerich Weissenberger und Nora Ruzsics eine „Lebenstour“ initiiert hat. Denn die Pandemie habe über Nacht Dinge verändert, die Jahrzehnte lang sakrosankt waren. „Das sind wichtige Dehn- und Lockerungsübungen, die wir für die sozial-ökologische Transformation unbedingt brauchen.“

Die „Lebenstour“ versammelt Menschen aus Kunst, Wissenschaft, Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik, um über das gute Leben nachzudenken, meint Strigl und fügt hinzu: „ein Leben, das allem Lebendigen gut tut. Wir stellen dazu Überlegungen an und probieren aus, wie gutes Leben innerhalb der ökologischen Tragfähigkeit des Planeten und innerhalb sozial wünschenswerter Grenzen gelingen kann. Kunst und Wissenschaft schaffen dabei einen lebendigen, kreativen Raum, eine soziale Plastik, die einlädt, frei zu denken und zu assoziieren.“

Kultur und Natur

„Dabei verbinden wir Kunst und Wissenschaft und lebendige Praxis“, erklärt Strigl. Am 17.2.2021 begann die Lebenstour in der Grazer Kunstkirche St. Andrä mit einem „Kunst-Aschermittwoch“. Thema war dabei „Sinn“, zumal zum „Leben“ unweigerlich auch das Thema „Tod“ gehört, was vom Künstler*innen-Kollektiv in der Dokumentation ihrer Eindrucks-vollen Kunstaktion „Totentücher“ vor Augen geführt wurde. „Ich mache den Raum für das scheinbar Unmögliche – in einer Begegnung von Kunst, Wissenschaft, Sozialem, Spiritualität und Wirtschaft“, sagt Weissenberger, der während der Veranstaltung ein „Sinn Wesen Bild“ kreiert hat. „Create and Re-Create“, darum ginge es in der Interaktion zwischen Kunst und Gesellschaft, sagte Michelanglo Pistoletto in seiner Videobotschaft.

Aber was bedeutet Nachhaltigkeit in diesem Zusammenhang? Hans Carl von Carlowitz wird oft als „Erfinder“ der Nachhaltigkeit bezeichnet, weil er schon vor über 300 Jahren in seiner Schrift Sylvicultura oeconomica, oder haußwirthliche Nachricht und Naturmäßige Anweisung zur wilden Baum-Zucht beschrieben hat, wie ein Wald bewirtschaftet werden muss, damit er langfristig erhalten bleibt. So wurde er unverdienter Weise zum Säulenheiligen der Nachhaltigkeit, obwohl er eigentlich nichts anderes darstellt, als die Grundsätze guten Managements.

Ein wirklich wichtiger Ausgangspunkt der heutigen Umwelt- und Nachhaltigkeitsbewegung war 1962 die Veröffentlichung des Buches „Stummer Frühling“ von Rachel Carlson, in dem sie erstmals beschrieb, wohin effektives Management auch der Natur führen kann: die Ausrottung sogenannter Schädlinge durch das Vertilgungsmittel DDT hatte auch die Zahl der Singvögel drastisch reduziert. Zehn Jahre später erschien dann der erste Bericht an den Club of Rome über die „Grenzen des Wachstums“ und weitere 20 Jahre dauerte es bis 1992 in Rio de Janeiro die Vereinten Nationen das Zeitalter der Nachhaltigkeit ausgerufen haben.

Nachhaltigkeit heute

Was bedeutet Nachhaltigkeit heute? „Dass es uns gut geht“, sagte Fritz Hinterberger, Senior Scientist an der Universtität für angewandte Kunst und Vizepräsident des Austrian Chapter des Club of Rome, im Dialog mit Alfred Strigl. „Lasst uns Österreich nach Corona in eine bessere Zukunft für alle führen“, sagte dazu Martin Essl bei der Eröffnung. Er wolle eine „neue Renaissance“ initiieren, ein „Zeitalter ganzheitlicher Nachhaltigkeit und Inklusion“, das alle Bereiche des Zusammen-Lebens erfasst und „entsprechende Rollen für Wirtschaft, Umwelt und Schöpfung“ definieren. „Leave no one beind“ heißt es dementsprechend auch in der „Agenda 2030“, mit der sich die Staatengemeinschaft der Welt vor fünf Jahren auf 17 globale Entwicklungsziele verständigt hat – von der Armutsbekämpfung bis zum Weltfrieden, zu deren Umsetzung in 169 Unterzielen wir jetzt nicht einmal mehr 9 Jahre Zeit haben.

Foto der bronzenen Lemniskate
Die bronzene Lemniskate

Fünf Elemente sollen auf der Lebenstour immer wiederkehren:

  • das Modell eines 5 Meter hohen Corona Denkmals in Form einer Lemniskate – als Symbol für Werden und Vergehen im Kreislauf des Lebens;
  • die Präsentation des Regenwaldprojekts Las Mercedes in Kolumbien, das alte und neue Welt verbindet; gemeinsam mit der Universität für Bodenkultur Wien wird dabei ein 8000 Hektar großes Urwaldgebiet in Kolumbien vor Abholzung und landwirtschaftlicher Ausbeutung geschützt;
  • die Entwicklung des „Felix Austria Index“ als Alternative zum Bruttoinlandsprodukt – der Fragen nach dem Gelingen eines guten Lebens stellen und beantworten will;
  • die Kunst – in Form von eigens komponierter Musik, zu der an jeder der sieben Stationen sieben Gemälde in Liveperformance entstehen;
  • und die Jugend, die sich die „Rettung der Welt“ seit einigen Jahren lautstark auf ihre Fahnen geheftet hat.

Ende März/Anfang April macht die „Lebenstour“ in der Karwoche bis Ostern mit einem Symposium und einer 4-tägigen Kunstaktion in Salzburg zum Thema „Leben“ Station. Weitere Themen sind „Energie“, „Inklusion“, „Natur“, „Geld“ und „Kultur“ – im Dialog mit den Menschen in verschiedenen Regionen Österreichs. All das soll nicht nur im Internet sondern auch in einem Kunstbuch zusammengefasst und festgehalten werden – „als Beitrag und Brücke hin zur neuen, nachhaltigeren Welt“, sagt Strigl.

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