Dialogveranstaltung Seitenstetten: eine Quelle von Freude und Kraft

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Diese Quelle wurde heuer Mitte Mai zum vierten Mal angezapft: Eine Dialogveranstaltung im Bildungsheim St.Benedikt in Seitenstetten als Beitrag zu weltumspannendem Frieden, mit dem Titel: „Christentum, Spiritualität und Wissenschaft für eine friedensfähige Geld- und Gesellschaftsordnung“

(cooppa, Rückblick von Ilse Kleinschuster, 07.06.2018) Wieder sind viele gekommen, ich nehme an, wie ich mit gestiegenen Erwartungen – nicht nur an mich und mein soziales Netzwerk facebook undseit kurzem auch hier auf cooppa, sondern an die interessierte Bürgerschaft. In erster Linie fühle ich mich dabei als Sprachrohr für die Initiative Zivilgesellschaft, für ihre, meist als „work-in-progress“ durchgedachten oder bereits in Pilotprojekten praktizierten, Anliegen an eine lebensfreundliche, zukunftsfähige Gesellschaft.

Eine Veranstaltung im Wandel

Es war dies die 4. Tagung in einer Reihe: ‚Friedensfähige Geld- und Gesellschaftsordnung‘. Seitenstetten1, maßgeblich vom Ökonomen und Initiator des Tauschkreises „Sonnenzeit – Spiel des Lebens“, Gerhard Zwingler, mitgestaltet, war sehr systematisch angelegt und mündete in der Planung einer ambitionierten Initiative ‚Kompetenzzentrum Geld‘, die bis heute aber nicht umgesetzt werden konnte. Die weiteren drei Tagungen wurden von Alfred Strigl, der sich der Koordination im weiten Themenbereich ‚Geld‘ (auch im Rahmen des von ihm geleiteten Vereins „Initiative Zivilgesellschaft“) annahm, moderiert. Seitenstetten3 hatte dabei schon den inhaltlichen Schwerpunkt der globalen UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) und das nunmehrige Seitenstetten4, inhaltlich von Anton Winter maßgeblich gestaltet, stand im Konnex mit den Bereichen Christentum/Spiritualität/Wissenschaft. TeilnehmerInnen diesmal rund 40, am letzten Tag 26 (gegenüber Seitenstetten3 nur ein leichter Rückgang).

Mit vielen Proponenten für eine friedensfähige Geld- und Gesellschaftsordnung gab es Gelegenheit sich gedanklich auszutauschen. Große Einigkeit zeigte sich in einer stark humanistisch geprägten Gesinnung, aus der Energie geschöpft wird: Antriebsstoff für das oft mühsame Weiterkommen auf dem Weg in eine bessere Welt: „in der es gelingt, den Kuchen gerechter zu verteilen, wobei die Stücke zwar kleiner werden müssen, aber dafür umso besser schmecken sollen“. Soviel ist klar, um das zu erreichen wird es in erster Linie wichtig sein, das überreizte Klima in der Finanzwelt in den Griff zu bekommen – „kaltes“ Geld in „warmes“ umzuwandeln. Es wird Hilfe von oben nur kommen, wenn von unten Druck entsteht, auch das war so ziemlich allen klar. Nichtsdestotrotz, so denk‘ ich, sind jene, die an Gott glauben, mit ihrem Urvertrauen wohl besser dran. Dieser Gedanke kam mir, wenn ich an Josefa Maurer, die großartige Organisatorin, denke, die seit Anbeginn unermüdlich am Gelingen der Geldkonferenzen arbeitet.

Immer nur Geld?

Nun, auch ich bin im christlichen Glauben und mit dem Imperativ der Aufklärer aufgewachsen, aber ich bin Laie was GELD betrifft – und so fragte ich mich anfangs als ich nach Seitenstetten fuhr (vor drei Jahren), ob ich denn hier nun nicht falsch am Platz sei – inzwischen fühle ich mich aber in der bunten Gesellschaft dieser Seitenstettener Dialogveranstaltungen sauwohl. Denn, geht es hier nicht letztlich um das einheitliche Wollen der Zivilgesellschaft in ihrer Vielfalt?!? Auch hier drinnen ist nicht mehr Vernunft allein gefragt, wie ja auch draußen, wo jetzt schon so viele mit Blick auf die Schieflage der Welt, auf das ins Rutschen gekommene Haus der Wirtschaft sich denken:  –  jahrelang hat man auf das große Wissen berühmter Ökonomen (Nobelpreisträger) gesetzt – und jetzt?!?

Zeigt sich uns nicht immer deutlicher, dass sich in einem System, in dem Konsum, Produktion, Handel und vor allem Geld eine vorherrschende Rolle spielen, eine funktionstüchtige Gesellschaft einfach zerfallen muss, wenn darüber nicht ein politisches System mit einem starken Lenkungs- und Verwaltungsorgan offenen Auges wacht, wenn nicht ein weiteres Organ darauf achtet, dass eine Kultur bewahrt wird, in der es um tradierte Grundwerte und Werthaltungen geht, die sich in Erziehung, Wissenschaft, Publizistik und Kunst widerspiegeln. Diese Ebene sollte uns primär wichtig sein, sie liegt in der Legitimation von Weltanschauung, Ethik, Religion und Spiritualität. Solange das Zusammenspiel auf diesen Systemebenen nicht funktioniert, wird’s nix.

Das sind demokratische Fragen, Fragen nach dem Willen einer schweigenden Mehrheit, damit kann ich schon mehr anfangen als mit Fragen nach einer „Monetative“ –  zu diesem Thema gab es auch ein wunderbares Referat, das dem Publikum die Systemtheorie, die Johannes Heinrichs seit Jahrzehnten entwickelt hat, nähergebracht hat. In diesem Verständnis muss sich heute doch jeder fragen, ob er es gut findet, dass weder der angebliche Souverän, der Bürger, noch die angeblichen Grundwerte das soziale Ganze bestimmen? Könnte es nicht sein, dass durch mehr Bürger-Partizipation aufgrund eines gestuften Parlamentarismus eine Wertstufendemokratie entsteht und so all die derzeitigen Defizite auf friedliche Weise abgestellt würden? Das hieße allerdings, wenn „wir“ etwas verändern wollen, dann müssten „wir“ an unserer Verfassung Änderungen bewirken. Wie das?!?

Die Seitenstettner Erklärung

Prof. Heinrich Wohlmeyer, langjährig in Industrie, Regionalentwicklung und Handel tätig, Professor an der TU und der BOKU (Wien) ist mir schon länger bekannt aufgrund seiner zwei Publikationen, in denen er sich der Gesellschaftspolitik und deren Neuorientierung widmete. In „Globales Schafe Scheren“ (2006) weist er auf nach seiner Einschätzung nicht durchhaltbare gesellschaftliche und ökologische Entwicklungen hin und führt konkrete Vorschläge für Umsteuerungen an. In „Empörung in Europa“ (2012/2014) zeigt er zu beschreitende Wege aus der Krise für die Politiker und Bürger auf. Das Manifest „Unverzichtbare Eckpunkte einer weltweit zukunftsfähigen Gesellschaftsgestaltung“ (2014) geht auf die nach Wohlmeyer wesentlichen, für eine zukunftsfähige Gesellschaftsgestaltung unverzichtbaren internationalen und nationalen Rahmensetzungen ein.

Und so ist es gerade SEIN Denken, das MEINE Wertsetzung leitet. Es ist eine Wertsetzung, die sich parallel zum Geld auf Natur-, auf Soziales Kapital bezieht. In Verbindung mit meinen eigenen Talenten und Fähigkeiten und mit gleichgesinnten Mitmenschen hat mein Leben in den letzten Jahren viel an Wert gewonnen. Dies ist auch der Grund, warum ich gerne die „Erklärung zu einer friedensfähigen Geld- und Gesellschaftsordnung“, wie sie in Seitenstetten durchdacht, debattiert und formuliert wurde, mittrage und unterstütze.

Es wird sich zeigen mit welchen korrigierenden Eckpunkten „wir“ eine derartige „Erklärung“ zum Durchbruch bringen können. Es wird viel Mut und Ausdauer brauchen. Ich kann mir aber schwer eine Mehrheit an Menschen vorstellen, die es nicht für richtig und gerecht hält, dass die Geldschöpfung wieder in die Hände des Gemeinwesens zurückzuführen ist, und dass in die Businesspläne gemeinwohlorientierte Kreditvergabekriterien zu integrieren sind. Ich glaube auch, dass jeder versteht, wenn es heißt: um zu verhindern, dass mit Bankeinlagen zu Lasten der Bürgerschaften Spekulationsgeschäft getätigt werden können, müssen Geschäftsbanken von den Investmentbanken getrennt werden. Erst, wenn möglichst viele das einmal verstehen und auch wollen, kann der Welthandel durch Gestaltung der Wechselkurse nach der Kaufkraftparität fair gestaltet werden.

Fazit: Geld an und für sich ist nichts Schlechtes – nur der Umgang damit kann schlecht sein – und so meine ich mit Franz Hörmann abschließend, „auch dieses Problem ist lösbar, sobald wir uns einigen auf das was wir NICHT wollen!“
In dieser Hoffnung schließe ich vorläufig meinen Bericht zu Seitenstetten – und wünschte, es werde nicht weiter auf Hilfe von oben gewartet – „WIR“ sind jetzt die Impulsgeber, – ob dieser Impuls schon stark genug ist, wird sich zeigen

Ilse Kleinschuster wendete sich außerdem mit folgendem Brief an die Redaktion der Wiener Zeitung:

Betreff: das Ergebnis der diesjährige 4. Dialogveranstaltung in Seitenstetten – „Die ERKLÄRUNG zu einer FRIEDENSFÄHIGEN GELD- und GESELLSCHAFTSORDNUNG“ 

Sehr geehrter Herr Dr. Walter Hämmerle,

Thema der Dialog-Veranstaltung im Mai 2018 war „Schritte in Richtung friedensfähige Geld- und Gesellschaftsordnung“. Dank dem Interesse von Alt-Abt Berthold Heigl haben sich heuer wieder Vertreter aus Kreisen der Wirtschaftswissenschaften, Ökologen, Juristen und aus verschiedenen zivilgesellschaftlichen Organisationen aus EU-Ländern im Mostviertel zusammengefunden.

Als langjährige Mitarbeiterin im Kreis der zivilgesellschaftlichen Organisation „Initiative Zivilgesellschaft“ – wir verstehen uns als Organisation von Bürgerinitiativen, die im Sinne eines Korrektivs, auf die politischen Willensbildung im Kontext des Parlamentarismus Einflussnahme üben wollen. Eine der Initiativen sei hier besonders hervorgehoben– www.arge.gerecht-wirtschaften.at – erlaube ich mir unser Anliegen an Sie heranzutragen.  Ermutigt fühle ich mich durch viele Stimmen von Menschen aus wissenschaftlichen und kulturellen Kreisen: Eben komme ich von einer Veranstaltung der AK zusammen mit dem WIIW – ich hörte dort den renommierten Ökonomen und Keynes Experten, Prof. Robert Skidelsky, sagen: Die Gegner des derzeitigen Finanz-Systems werden ein wirklich gutes Reform-Programm brauchen, wollen sie die Zukunft der EURO-ZONE retten. Nun, an so einem Programm wurde von einigen renommierten Teilnehmern der Seitenstettener Geld-Konferenzen fleißig gearbeitet. Ich fürchte, es wird jedoch ein Reformprogramm nur so gut sein wie die Menschen die es mittragen.

Dazu wird es noch Vieles brauchen, vor allem ein überparteiliches Miteinander, um die Energien für eine zukunftsfähige Politik zu bündeln.

Die „Seitenstettener ERKLÄRUNG“ erwartet noch eine „Wuppertaler Antwort“. Daraus sollten dann alle – und wir zählen auf ihre Mithilfe! – die Möglichkeiten erkennen, die Österreich hat, um nachhaltige Friedensarbeit zu leisten. Ermutigen Sie, bitte, die Regierung diese große Chance für eine zukünftige Geld- und Friedenspolitik zu ergreifen.

In diesem Sinne – auch als langjährige, geneigte Leserin ihrer Zeitung – hoffe ich auf ihre mediale Unterstützung!

Mit freundlichen Güssen,

Ilse Kleinschuster
Wien, 5. Juni 2018

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Beitragsbild: Uoaei1 / Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0)

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