Knackpunkt globale Solidarität und die Klimafrage

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Buchpräsentation bei der AK Wien

(cooppaKarin Chladek, 28.06.2017) Globale Solidarität oder imperiale Lebensweise. Auf diese einfache Formel bringt es der Politikwissenschaftler Ulrich Brand von der Universität Wien. Zusammen mit Markus Wissen hat Ulrich Brand ein gleichnamiges Buch verfasst, das er vor Kurzem an der Arbeiterkammer (AK) Wien vorstellte. Bemerkenswert dabei: Die Frage der globalen Solidarität, die sich in der ökologischen Frage deutlich manifestiert, spaltet offenbar schon länger die Sozialdemokratie. Nicht nur in Österreich, aber auch hier ganz deutlich.

Die Folgen des „guten“ Lebens

Das „gute“ Leben mit viel Konsum, Auto- und Flugverkehr hat Folgen: einen hohen Ressourcenverbrauch, Umweltverschmutzung und die Ausbeutung von Menschen anderswo. Schließlich muss jemand die vielen Kleider herstellen, die wir tragen oder auch nur kaufen, die vielen Autos, die Handys. Die Folgen – Verschmutzung von Wasser, Land und Luft, Ausbeutung von Menschen und Natur, Kriege, die durch Rohstoffhandel – etwa für Handys – finanziert werden – sehen wir in den westlichen Ländern nicht, sie sind aber real. Ebenso real wie der Klimawandel, der heute schon (nicht nur) in ärmeren Weltregionen spürbar ist. Zum Beispiel in oft dicht bewohnten Küstengebieten. Denken wir etwa an Bangladesch.

Kurz gesagt: Die globalen Mittelschichten konsumieren und verbrauchen, auf Kosten von Mensch und Natur anderswo. Eine deutliche Folge davon ist der Klimawandel. Wie lange kann sich das ausgehen?

Klares Bekenntnis

Es ist ein klares Bekenntnis zur globalen Solidarität, dass die AK und die Volkshochschulen (VHS) Wien Ulrich Brand als Schlusspunkt ihrer von VHS 14-Direktor Sebastian Bohrn Mena kuratierten Reihe „Die Zukunft von Arbeit und Wohlstand“ einluden. Die anschließende Diskussionsveranstaltung wurde von Renate Brauner (SPÖ Wien) eröffnet. An der Diskussion nahm u.a. SPÖ-Entwicklungssprecherin Petra Bayr teil.

 

Dritte Piste

Explizit erwähnte Ulrich Brand die vom Flughafen Wien geplante und vom österreichischen Bundesverwaltungsgericht aus Klimaschutzgründen nicht genehmigte „dritte Piste“. Brand nannte die Diskussion um die „dritte Piste“ ein Beispiel für die Verteidigung einer „imperialen Lebensweise“. Der westlichen Lebensweise, die auf massivem Ressourcenverbrauch und Umweltverschmutzung beruht. Wie Florian Wukowitsch von der AK Wien bestätigte, hat sich die SPÖ-nahe AK nicht offiziell zur „dritten Piste“ positioniert.

Andere Teile der SPÖ sprachen sich eindeutig für die „dritte Piste“ aus. Schließlich ginge es um Arbeitsplätze, die tunlichst in Österreich und nicht an den Flughäfen von Bratislava oder München entstehen sollten. Anmerkung: Es ist ein Wunschdenken, dass überhaupt viele Arbeitsplätze dem Ganzen entwachsen. Die Politik Donald Trumps nannte Brand als weiteres, offensichtliches Beispiel für die Verteidigung einer imperialen Lebensweise.

Problematisch: Westen als Vorbild für neue Mittelschichten

Obwohl die imperiale, westliche Lebensweise bekanntlich die Umwelt stark schädigt, gilt sie den neuen globalen Mittelschichten etwa Brasiliens, Chinas oder Indiens als nachahmens- und erstrebenswert. Wenn die globalen Mittelschichten verstärkt Billigjeans nachfragen, sind damit einerseits die Ausbeutung von Näherinnen verbunden, andererseits Umweltzerstörung und der Ausstoß klimaschädigender Gase durch Produktion und Transport.

Alternativen zu immer mehr Konsum

Dabei gibt es schon längst Alternativen zu immer mehr Konsum, betonte etwa Sepp Eisenriegler. Der Leiter des VHS-nahen Reparaturzentrums R.U.S.Z. betonte, gebrauchte reparierte Geräte würde ihren Zweck oft besser und länger erfüllen als neue, die oft von der Industrie mit Sollbruchstellen hergestellt würden, um deren raschen Verfall herbeizuführen und den Konsum anzukurbeln. Mehr Geld für die Industrie, größerer Verlust und Aufwand für die Kaufenden. Geplante Obsoleszenz wird dieses Konzept bekanntlich genannt.

Herausforderung für die Sozialdemokratien

Es bleibt die Frage, wie die sozialdemokratischen Parteien Europas – nicht nur die SPÖ – zur Frage der globalen Solidarität stehen. Zur Frage, was Wohlstand eigentlich ist. Zur Frage, wie Wachstum gemessen wird. Zur ökologischen Frage, die letztendlich jede Region der Welt betrifft.

Ulrich Brand, Markus Wissen: Imperiale Lebensweise. Zur Ausbeutung von Mensch und Natur im globalen Kapitalismus. Oekom Verlag München, 208 Seiten, 14,95 Euro.

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