Die Bank für Gemeinwohl ist tot – es lebe die Genossenschaft für Gemeinwohl!
(cooppa, Ilse Kleinschuster, 25.06.2018) „Über 3 Jahre an Vorbereitungsarbeiten, bis zu 20 hauptamtliche und über 100 ehrenamtlich Mitarbeitende, 6.000 Genossenschafter*innen, 4,2 Mio. Euro Kapital, Beteiligung der deutschen GLS Bank und 500 Seiten starker Konzessionsantrag reichen in Österreich nicht aus, um eine Konzession für eine risikoloses Zahlungsinstitut von der FMA zu bekommen.“ Mit diesen Worten lud vergangene Woche die Genossenschaft für Gemeinwohl zu einer Pressekonferenz: „Bank für Gemeinwohl – Ende oder Neuanfang?“. Die Finanzmarktaufsicht (“FMA”) hatte den Antrag zur Gründung eines Zahlungsinstitus abgelehnt.
Ernüchterung und Kritik
Vorstand DI Fritz Fessler und Peter Zimmerl begrüßen das Publikum und geben Erklärungen dazu ab wie es so weit kommen konnte. Peter Zimmerl zeigt großes Bedauern nach drei Jahren intensiver Arbeit, meint, es sei aber nicht die Ablehnung des Antrags das Problem, sondern vielmehr die Art und Weise wie die Verweigerung der Konzession von der FMA und dem Bundesverwaltungsgericht begründet wurde. Der Bescheid der FMA ging unerwartet schnell an die Öffentlichkeit, so dass die Medien zeitgleich mit dem Absenden des ablehnenden Bescheides davon erfuhren – noch vor den betroffenen Mitgliedern der Genossenschaft. Letztlich wurde die Ablehnung mit der Formel ‚Unvollständigkeit des Antrags‘ begründet, dies nach einem Vorgehen, das laut den Erklärungen des Vorstands nicht fair gelaufen sei. Es habe letztlich an Mut gefehlt und so sei jetzt auch die Politik gefordert.
Christian Felber, Aufsichtsrat in der Genossenschaft, Initiator und geistiger Vater der Gemeinwohl-Ökonomie, meint, es werde nun vorläufig zwar diese Bank begraben, aber nicht die Vision und nicht die Genossenschaft. Die Erklärung für die Ablehnung, somit die Zugangssperre, stünde in krassem Widerspruch zu vielen „Bankenrettungsaktionen“ der letzten Jahre. Gerade daher habe man das Bankensystem grundlegend reformieren wollen. Viele wirtschaftliche Entrepreneurs, Start-ups und soziale Innovationen, Crowdfunding-Plattform u.a.m. kommen aus den Reihen der gemeinwohlwirtschaftlichen Gemeinde. Durch die Ablehnung der Bank für Gemeinwohl wurde wohl ein Potential von 6000 genossenschaftliche Initiativen einfach vom Tisch gewischt. Verglichen mit den Chancen wie sie seinerzeit die Raiffeisenbank u.a. gehabt haben, hätte heute keiner eine Chance eine Bank zu gründen. Das heißt, maximale Akribie bezüglich der Befolgung von Verordnungen wurde im Fall der Gemeinwohlbankgründung angewendet, aber wo, so fragt sich Christian Felber verärgert, seien diese Ordnungsrufe geblieben als es um die großen Bankprobleme ging (HypoAlpeAdria, Volksbanken AG, Kommunalkredit, Constantia). Er und seine Weggefährten hätten sich erwartet, dass Einsicht in das Scheitern der großen Banken endlich dazu führen würde, dass ethische Beweggründe nicht weiter ignoriert würden. Aber nein, weiterhin herrscht auf dem Bankensektor freier Finanzverkehr. „Wir empfinden das als zutiefst ungerecht.“
Was jetzt?
Viel von dem Geld ist bereits in den Gründungsprozess investiert worden. Die Frage ist nun, was weiter geschehen soll. Ein Drittel des eingesammelten Genossenschaftskapitals sei noch vorhanden. Einen weiteren Antrag auf Lizenz zu stellen hält er aber nicht für sinnvoll.
Auch Judith Pühringer, Aufsichtsrätin und Geschäftsführerin von „arbeit plus – Soziale Unternehmen Österreich“, zeigt sich besorgt wie es jetzt mit der Finanzierung von laufenden Projekten weitergehen soll, wenn Kürzungen gemacht werden müssen und es so kaum noch Unterstützung für regionale Wertschöpfung gibt. Gleichzeitig seien in den 21 Regionalgruppen der Gemeinwohl-Ökonomie ständig Menschen ehrenamtlich unterwegs, Botschaften an das Bewusstsein für den notwendigen Wandel weiterzutragen und Alternativen aufzuzeigen.
Dafür wurde die Akademie für Gemeinwohl gegründet, die sich auch mit Fragen zum das Alternativfinanzierungsgesetz, strategische Bankpartner, strategische Investoren/Sponsoren auseinandersetzt sowie die Plattform Crowdfunding für Gemeinwohl um entsprechende Projekte zu unterstützen.
Aber natürlich zählt vor allem was die Basis will – daher startet jetzt ein „partizipativer Strategieprozess zur Neuausrichtung“, die bei einer außerordentlichen Generalversammlung am 8. September 2018 beschlossen werden soll.
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